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Geht auch ganz einfach:

VW: Scania-Übernahme, Renschler ab Februar 2015 Umbruch bei den Nutzfahrzeugen

Neue Besen kehren bekanntlich gut. Nachdem mehrere VW-Manager als interne Lösungen die Nutzfahrzeug-Allianz im Konzern kaum mit Tempo voranbrachten, soll es nun Daimler-Urgewächs Renschler als Externer richten. Für dessen Rosskur stellt VW bei Scania schon die Weichen

Der VW-Konzern schafft grundlegend neue Vorzeichen für seine bisher schleppend laufende Nutzfahrzeug-Allianz: Die Wolfsburger machen nicht nur den scheidenden Daimler-Manager Andreas Renschler zu ihrem neuen Nutzfahrzeugchef, sondern wollen auch ihre Lkw-Tochter Scania komplett übernehmen, um dort endlich durchregieren zu dürfen. VW bietet den Scania-Aktionären mit einem Übernahmeangebot gut 50 Prozent Aufschlag für ihre Papiere - wohl um ganz sicherzugehen, dass der Plan zur Einverleibung rasch aufgeht.

Renschler, der aus vertraglichen Gründen erst zum Februar 2015 bei den Niedersachsen anfangen darf, hätte damit vollen Durchgriff nicht nur auf die Lkw-Tochter MAN, sondern eben auch auf Scania. «Die Besten ködern die Besten», hatte VW-Patriarch Ferdinand Piëch Ende Januar zu der möglichen Renschler-Anwerbung gesagt, die nun seit Freitag beschlossen ist. Die Auswahl war überschaubar: Scania und dessen früherer Chef Leif Östling gehören ebenso zu den Wolfsburgern wie MAN aus München. Da bleiben auf dem Heimatkontinent neben Daimler nur Volvo und deren Partner Renault. Doch die Schweden haben eigene Probleme, streichen im großen Stil Stellen. Erfolg? Derzeit Mangelware.

Ganz anders Renschler: Er kennt die Managerwelt der schweren Brummis wie kaum ein Zweiter, von 2004 bis 2013 leitete er an Daimlers Spitze das Nutzfahrzeug-Geschäft. Auch beim Jonglieren mit mehreren Marken, wie es im VW-Reich alltägliche Arbeit ist, dürfte er einige Übung haben. Denn auch Daimler verkauft nicht nur Laster und Busse mit dem Mercedes-Stern, sondern hat rund um den Globus mehrere Marken. Ein weltumspannendes Reich, darunter auch Allianzen etwa in China und Russland, macht Daimler zum weltgrößten Lastwagen-Hersteller.

 

VW: Renschler und Scania als Neuanfang bei Nutzfahrzeugen

Daimler verdankt Renschler viel. Und vielleicht ist es daneben gerade seine Nordamerika-Erfahrung, die ihn zum VW-Wunschkandidaten macht. Denn die USA sind nicht nur in der VW-Pkw-Sparte derzeit eine Schwachstelle. MAN und Scania sind dort gar nicht unterwegs. Überhaupt gestaltet sich die Verzahnung der beiden stolzen Marken nicht eben einfach. So soll die Berufung des früheren Scania-Chefs Leif Östling zum Koordinator von Volkswagens Nutzfahrzeug-Sparte ein Zugeständnis an die Schweden gewesen sein, wie im Konzern zu hören ist. Im Gegensatz zu MAN hat VW bei Scania trotz der Mehrheit der Stimmrechte nicht uneingeschränktes Sagen - und eben diesen Hemmschuh wollen die Niedersachsen mit der Komplettübernahme nun loswerden. Östling soll nach der Stabübergabe an Renschler Aufsichtsrat werden.

Einsparungen zwischen MAN und Scania gibt es zwar schon, etwa beim Einkauf. Nun soll nach und nach der Turbo zünden: VW teilte Freitag mit, in der Nutzfahrzeug-Allianz in den nächsten 10 bis 15 Jahren mindestens 850 Millionen Euro Synergien realisieren zu wollen. Wie sehr es zwischen Schwestern haken kann, zeigte sich Ende 2013. Da protestierte Scania gegen die Vergabe eines Milliarden-Auftrags des schwedischen Militärs an ein Gemeinschaftsunternehmen von MAN. Zwar zog Scania den Einspruch wieder zurück, wie der «Spiegel» schreibt - doch VW-Chef Martin Winterkorn war laut dem Magazin «stinksauer».

Renschler hatte nach mehr als einem Vierteljahrhundert bei Daimler die Segel gestrichen - auch, da er offensichtlich keine Chance mehr sah, Daimler-Chef Dieter Zetsche zu beerben. Nach seinen Worten sollte über Zetsches Nachfolge erst Ende 2016 entschieden werden. Und so zog der 55 Jahre alte mögliche Kronprinz Renschler die Reißleine. In seiner Freizeit sammelt Renschler Modelleisenbahnen. Er sagt Sätze wie: «Ich fahre gerne Lastwagen und deshalb bezeichne ich mich als Trucker» oder «Es ist immer ein ganz erhabenes Gefühl, mit einem 40-Tonner durch die Berge zu fahren». Eigenwerbung hin oder her - viele nehmen es ihm ab. Renschler wirkt jedenfalls wie zu Hause in der Truckerwelt und hinter einem Lkw-Steuer. Seine Hände gleichen wahren Pranken, er ist fast zwei Meter groß.

Die Äußerlichkeiten sind das eine. «Breitschultrig und mit großen Händen - natürlich nimmt man ihm ab, anzupacken», sagt auch Stefan Bratzel, Leiter des Studiengangs Automotive Management in Bergisch Gladbach. Doch der Experte traut Renschler eben auch inhaltlich die Aufgabe zu, sie sei passgenau. «Das Nutzfahrzeug-Geschäft war schon immer genau sein Ding.» Bratzel kennt Renschler von früher aus einer gemeinsamen Zeit bei Daimler. «Mit ihm hätte VW einen hochmotivierten Mann, der brennt, zu zeigen, was er draufhat.» Sein Erfahrungsschatz sei wie gemacht, um im VW-Konzern «das schwierige Geflecht» der Nutzfahrzeuge anzugehen. «Das Thema hat ihm schon immer einfach Spaß gemacht», meint Bratzel, der aber auch warnt: Mit dem Wechsel werde nicht alles zum Selbstläufer: «Es könnte eine Herkulesaufgabe sein.» Von Februar nächsten Jahres an wird es Renschler beweisen müssen.

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