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Auto-Geschichte: Panhard Trendiger Urvater

Klassiker: Er war der älteste Autohersteller Frankreichs. Trotzdem überraschte Panhard stets mit neuen Konstruktionen und revolutionären Ideen - nicht immer mit Erfolg

Die Autofans in Frankreich sprechen noch heute ehrfürchtig vom "le doyen Panhard“ - dem Altmeister Panhard. Bei unseren Nachbarn genoss Panhard über Jahrzehnte eine ebenso große Verehrung wie Daimler und Benz in Deutschland. Die Marke selbst bezeichnete sich in ihren Anzeigen als "ältester Autohersteller der Welt“. Nicht ganz zu Unrecht: Panhard kam in den 1890er-Jahren als erster auf die Idee, seine selbstfahrenden Kutschen in Serie zu produzieren. Bei Daimler und Benz gab es in diesen Anfangstagen des Automobilbaus nur Einzelanfertigungen auf Bestellung.

Aber von vorn: Im Paris des Jahres 1886 hatten sich René Panhard, der Sohn eines Kutschenmachers, und der Ingenieur Émile Levassor zusammengetan, um Benzinmotoren nach einer Daimler-Lizenz zu bauen. Panhard war der Finanz- und Geschäftsmann, Levassor der begabte Konstrukteur. Vier Jahre später bauten sie einen ihrer Motoren in eine Kutsche ein und schufen damit das erste französische Automobil. 1891 begann die Serienproduktion unter dem Namen Panhard & Levassor.

 

EINE REVOLUTIONÄRE IDEE: DER MOTOR MUSSTE NACH VORN

Mit ihren ersten Modellen unzufrieden, veränderten die beiden Gründer bald das Layout der pferdelosen Kutschen: Sie versetzten den Motor von hinten nach vorn, der Antrieb erfolgte nun über eine Kette auf die Hinterachse. Nach dieser klassischen Aufteilung - Motor vorn, Getriebe in der Mitte und Antrieb hinten  werden Autos noch bis heute gebaut. Doch damit nicht Innovation genug: Um die Spurtreue ihrer Modelle zu verbessern, erfanden sie in den späten 1890er-Jahren den Panhardstab, der die unkontrollierten Seitwärtsbewegungen einer Starrachse verhindert.

Panhard und Levassor gehörten auch zu den Urvätern des Motorsports: Émile Levassor wurde 1894 beim ersten Rennen der Welt, einer Wettfahrt von Paris nach Rouen, Fünfter und gewann ein Jahr später das Rennen Paris-Bordeaux-Paris. Kurz darauf folgte die Disqualifikation, da sein Wagen nur zwei statt der geforderten vier Sitzplätze hatte. Seine Leidenschaft für den Wettbewerb wurde Levassor jedoch zum Verhängnis: Er verunglückte 1896 bei einem Rennen und starb Monate später an den Unfallfolgen. Émile Levassor gilt damit als eines der ersten Todesopfer im Motorsport - eine zweifelhafte Ehre.

Übrigens: Der erste Verkäufer von Panhard & Levassor in Großbritannien war ein gewisser Charles Stewart Rolls – jener Mann, der später mit Henry Royce die Marke Rolls-Royce gründen sollte. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs konzentrierte die Marke Panhard & Levassor ihre Produktion auf Lastwagen, leichte Panzer, Flugzeugmotoren und Luxusautos. Seit den 20ern setzte man auf die vom
Amerikaner Charles Knight entwickelten Schiebermotoren. Diese verzichteten auf Ventile und galten als besonders laufruhig und drehmomentstark - ideal für Luxuslimousinen.

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Allerdings waren die Motoren sehr wartungsintensiv und unzuverlässig. Während andere Hersteller wie etwa Mercedes diese Technik schon bald wieder aus dem Programm nahmen, hielt Panhard daran fest und produzierte sogar Achtzylinder-Schiebermotoren. Von den Triebwerken einmal abgesehen, waren die luxuriösen Panhard & Levassor äußerst innovativ: So hatte das Modell Dynamic von 1936 eine selbsttragende, stromlinienförmige Karosserie – dazu hydraulische Bremsen und eine Einzelradaufhängung an der Vorderachse. Und als Krönung gab es erstmals Fenster in der A-Säule, um eine bessere Rundumsicht zu ermöglichen.

Auto-Geschichte: Panhard - Teil 2

Nach dem Zweiten Weltkrieg lag der Markt für Luxuslimousinen in Europa am Boden. Panhard wandte sich von den großvolumigen Autos ab und verzichtete auf die Zusatzbezeichnung Levassor. Man übernahm ein von Jean-Albert Grégoire entwickeltes Kleinwagen-Konzept und brachte es zur Serienreife: Mit dem Panhard Dyna X debütierte 1945 ein fortschrittliches Auto mit Frontantrieb, luftgekühltem Zweizylinder-Boxermotor und – erstmals im Serien-Automobilbau – Aufbauten aus Aluminium. Drei Jahre später überraschte Panhard die Fachwelt mit dem Prototypen Dynavia. Das extrem tropfenförmige Modell war konsequent auf Leichtbau und Aerodynamik getrimmt. Mit hervorragenden Ergebnissen: Der lediglich 28 PS starke, zugleich aber nur 610 Kilogramm leichte Dynavia erreichte Tempo 130. Damit war der extrem schmale Prototyp fast so schnell wie der erste zeitgenössische Porsche.

 

AERODYNAMIK UND LEICHTBAU WURDEN ZUM MARKENZEICHEN

Die gewonnenen Erfahrungen flossen in die Konstruktion des Panhard Dyna Z von 1953 ein. Dessen Stromlinienform sorgte für eine hohe Endgeschwindigkeit und einen niedrigen Kraftstoffverbrauch: So gab sich die sechssitzige Limousine mit rund sechs Liter Benzin auf 100 Kilometern zufrieden. Der Zweizylinder-Boxermotor leistete nun 50 PS. Allerdings ließ die Zuverlässigkeit des Dyna Z zu wünschen übrig. Der Nachfolger Panhard PL 17 fiel ebenfalls durch seine windschnittige Karosserie auf. Im Gegensatz zur avantgardistischen Formgebung entsprach der kleine Zweizylinder-Boxermotor in den frühen 60er-Jahren aber nicht mehr dem Stand der Technik.

Bereits 1955 hatte Citroën ein Viertel der Firmenanteile von Panhard gekauft, zehn Jahre später übernahm der Wettbewerber schließlich die komplette Autosparte des Konzerns. Man sollte glauben, dass gerade Citroën gut mit einer avantgardistischen Marke wie Panhard hätte umgehen können. Doch die Franzosen brauchten vor allem Platz für eigene Modelle und hatten ein Auge auf die Panhard-Fabriken geworfen.

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1961 konnte die Marke noch einmal für Aufmerksamkeit sorgen, als ein fast serienmäßiger Panhard PL 17 die Rallye Monte Carlo gewann. Zwei Jahre später erschien mit dem extrem flachen und schnörkellosen Panhard 24 das letzte Modell der Traditionsmarke. Die sportliche Form konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass unter der Haube ein 50 PS schwacher, veralteter Zweizylinder steckte. 1967 wurde die Produktion eingestellt.

Seitdem werden nur noch Militärfahrzeuge wie etwa der Panzerwagen VBL unter dem Namen Panhard verkauft. So verblasst allmählich auch in Frankreich die Erinnerung an den Urvater Panhard. Was bleibt, ist lediglich der Panhardstab, der noch heute in allen Fahrzeugen mit Starrachse zu finden ist.
Markus Bach

AUTO ZEITUNG

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