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Autodesign: VW-Designchef Klaus Bischoff im Portrait Im Portrait: Klaus Bischoff

VW-Chefdesigner Klaus Bischoff mag puristische Präzision, Einfachheit und zeitlose Eleganz – beim Segeln und beim Entwerfen neuer Automodelle

Klar zur Wende?“ „Ist klar!“ „Ree!“ Mit dem großen Ruder dreht Klaus Bischoff den Bug der X-34 sehr zügig durch den Wind. Jetzt nur nichts falsch machen, nicht den richtigen Punkt verpassen, denke ich noch, bevor ich etwas hektisch das Vorsegel mit der Winschkurbel auf der neuen Lee-Seite dichthole. „Perfekt“, lobt Bischoff den überkonzentrierten Gastvorschoter, der im richtigen Leben Redakteur ist.

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Perfektion, gutes Stichwort. Noch besser: Präzision. Das mag er, der Chefdesigner der Marke Volkswagen – beim Segeln und im Büro, wenn er mal wieder die VW-Modelle der Zukunft zeichnet. Auch Einfachheit, puristische Reinheit oder klare Zeitlosigkeit. Und um Himmelswillen keine Schnörkel. „Die Abwesenheit des Ornamentalen ist eine Eigenschaft des VW-Designs“, philosophiert er. Deshalb ist er auch ein Fan des Apple-Designers Jonathan Ive, der den Computern und iPhones ihre extrem coole Form gibt.

Bischoff kann, wie er uns später vorführen wird, freihändig in Minuten komplette Autos mit feinen Details zeichnen. Jede Linie sitzt, und die blauen Strichmobile sehen aus, als ob sie jeden Moment losfahren wollen. „Ich zeichne immer und überall“, sagt er, „in Besprechungen, in Konferenzen, im Cafe.“ Die Atmosphäre sei dabei völlig egal, er mag das Werkstatthafte („So wie bei uns im Wolfsburger Designstudio“). Aber eine Espresso- Maschine sollte in der Nähe sein.

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Wo lernt einer diese Perfektion? Früher, so erfährt man zwischen zwei weiteren Wendemanövern auf der Kieler Förde, hat er mal fotorealistische Gemälde gemalt, sogar eine Kunstschule für altmeisterliche Ölmaltechnik besucht. Und eigentlich sollte er wie seine Schwester Architekt werden, in das Hamburger Architekturbüro seines Vaters eintreten, wo er auch mal Praktikant war. „Das Gefühl für Ästhetik gab es schon zu Hause.“

Lieber als Säulen und Dächer zeichnet er aber „Dinge, die sich bewegen“. Am liebsten Autos, abends auch mal durchgestylte Segelboote. Er mag hier den ziemlich reduzierten Speedstil des Italieners Luca Brenta, der den Yachten ihre Behäbigkeit und antiquierte Seemannsoptik genommen hat.

Seine Favoriten bei den Autofarben heißen Weiß, Schwarz und Silber. Silber sei ideal, „da kommen klare, scharfe Linien gut zur Geltung“. Jetzt noch schnell die Frage nach seiner Lieblingsmusik. „Moderner, cooler Jazz.“ Gern mit wenigen Instrumenten, auch mal nur Bass und Saxophon. „Möglichst klar, puristisch.“ Da ist er wieder, der rote Faden.

Seine Mannschaft hat ein Durchschnittsalter von 30 Jahren, die Designer und Techniker kommen aus 18 Nationen. Es sind über 300, es gibt VW-Designstudios in Wolfsburg, Potsdam und Kalifornien. Die Jungs finden allerdings New York, Berlin und Barcelona trendiger. Bischoff auch.

Ist er im Job der Star oder womöglich der Kapitän mit den knappen Kommandos? Nein, das passe alles nicht zu ihm, Bischoff sieht sich als Teamworker. Er liebe große Diskussionsrunden, „wo es irgendwann Klick macht und irgendeiner die große Idee oder den idealen Strich zaubert“. Er sei so eine Art Trainer, etwa wie beim Fußball.

Design studiert hat er an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig – „und das schon mit der Blickrichtung Wolfsburg“.

Warum denn ausgerechnet eine Karriere bei Volkswagen und nicht bei BMW oder Ferrari? „Mein erstes Auto war ein orangefarbener Käfer, später hatte ich einen T2, ein ideales Campingauto für Rockkonzerte.“ Das präge eben. Und dann holt er noch das ultimative Argument hervor: „Wenn du einen Polo oder ein Golf zeichnest, bist du damit viel öfter auf der Straße als mit einem Supersportwagen.“ Überhaupt sei es die größere Herausforderung, aus wenig viel zu machen, der neue Polo sei dafür ein gutes Beispiel. Zumal jeder den neuen VW-Stil sofort verstehen könne. Die totale Verbindung von Form und Funktion. „Du musst einfach das Gefühl haben, dass das Auto nur so und nicht anders aussehen kann – dann hast du alles richtig gemacht.“

Mit Konzerndesign-Chef VW Golf VI-Designer Walter de Silva ist er sich einig, dass „in unserem Design noch extrem viel Wandlungspotenzial steckt“. Gleiche Grundwerte, aber noch dynamischere Formen. „Da wird VW die Branche noch überraschen.“ Und er freut sich schon auf das Zeitalter der Elektroautos, „denn deren einfachere Technikarchitektur bietet uns Designern ja völlig neue Spielräume“.

Segeln hat er übrigens im Alter von vier Jahren beim Vater gelernt. „Das ist für mich eine Zeitentkopplung zum Aufladen der Batterien.“ Wobei das Leben an Bord nur der Familie gehöre. Trotzdem musste seine Yacht „aus optischen Gründen“ unbedingt einen dunklen Rumpf haben. Und dann nervte er den dänischen Hersteller noch mit einem Sonderwunsch: Die schmale Kunststoffdeckskante sollte die gleiche Farbe haben. „Da haben die schön gestöhnt, aber das sieht eben besser aus.“
Wolfgang Eschment

VITA
Klaus Bischoff wurde am 13. Dezember 1961 in Hamburg geboren. Das Designstudium an der Hochschule für bildende Künste in Braunschweig schloss er 1989 als Diplom-Designer ab. Anschließend begann er seine Laufbahn bei Volkswagen-Design im Interieurbereich, zwei Jahre später wechselte er ins Exterieur-Design. 2006 übernahm er die Leitung des Design Center Wolfsburg, seit 2007 ist er Chef des VW-Designs und damit an allen Modellen beteiligt.

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