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Ferrari LaFerrari im Fahrbericht: Hybrid-Supersportler mit 963 PS Atemberaubend schnell

Ferrari interpretiert Hybridtechnologie nach ganz eigener Philosophie. Der LaFerrari steht mit 963 PS und Heckantrieb für maximale Performance. Fahrbericht

Einzelne Regentropfen ziehen über die Windschutzscheibe. Pünktlich zur ersten Testrunde sind Wolken aufgezogen. Nur eine Handbreit über dem Boden kauernd, rollt der Ferrari auf das Asphaltband der „Pista di Fiorano“ rund um die alte Villa von Enzo Ferrari: 963 PS, Heckantrieb, nasser Belag – besser kann ein Tag nicht beginnen. LaFerrari, das ist der aktuelle straßenzugelassene Höhepunkt der Scuderia Ferrari. Der Enzo, sein Vorgänger, sorgte bei nahezu identischem  Leergewicht  und  gleichem  Radstand mit 660  PS  bereits  für feuchte  Hände. Beim LaFerrari setzen nochmal 300 PS mehr eine Extraportion Dramatik frei.

 

LaFerrari: Modenas bester Supersportler aller Zeiten

Ferrari hat einen Hybridsportler geschaffen, der auf die Hütchenspielertricks anderer Hersteller zur Effizienzoptimierung verzichtet. Beim LaFerrari ist alles der Performance untergeordnet. Einen EV-Modus gibt es nicht. Fiktive Laborziele zur CO2-Reduktion sind nur eine erfreuliche Nebenwirkung, mehr nicht. Der 163-PS-E-Motor ist vielmehr so etwas wie ein Pferdeflüsterer, der dem „Cavallino  Rampante“ gut zuredet, den Zwölfzylinder kontrollierbar macht, seine besten Seiten zutage fördert. Derzeit dürfte kaum ein anderes Supersportwagen-Triebwerk so feinfühlig und unmittelbar auf Gaspedalbefehle reagieren wie der Hybrid-Triebsatz des LaFerrari. Erst die lediglich 146 Kilogramm schwere E-Einheit ermöglicht es überhaupt, dem 6,3-Liter-V12 800 PS bei 9000 Umdrehungen zu entlocken. Denn den lethargischen unteren Drehzahlbereich, der durch die Optimierung entsteht, füllt nun der Elektromotor mit seinem bulligen  Drehmoment. Wie gut das Hybridsystem arbeitet, zeigt sich bereits auf den ersten Metern unserer Ausfahrt.

An Ende der langen Geraden bremsen wir die Rechtskurve hart an. Trotz feuchter Strecke verzögert der LaFerrari extrem vehement und spurtreu. Atemberaubend direkt, präzise und mit unglaublich reichhaltigem Feedback gehorcht der nur 1,12 m hohe Hybridsportler über die elektro-hydraulische Lenkung den Kursvorgaben seines Piloten. Jeder noch so winzigen Gaspedalbewegung folgt eine Reaktion des Antriebs. Kaum zu glauben, dass hier 963 PS im Motorraum  wüten, so fein dosierbar lässt sich die Leistung abrufen. Die Energieversorgung erfolgt permanent – zum einen  beim  Bremsen, zum anderen speist immer ein Teil der Leistung die insgesamt 60 Kilogramm schweren Akkus, die flach am tiefsten Punkt des Chassis verbaut sind.

Die  elektronische  F1-Traktionskontrolle arbeitet mit dem E-Motor perfekt zusammen. Mit unglaublichem Grip auf nasser Piste treibt der Ferrari durch die folgenden Kurven. Die Traktion an der Hinterachse ist schlicht atemberaubend. Und das Vertrauen in die elektronischen Stabilitätssysteme fällt hinter dem  Steuer des LaFerrari so intensiv aus wie in noch keinem anderen Fahrzeug zuvor – weder auf trockener noch auf nasser Fahrbahn.

Die Runden werden schneller. Die aerodynamische Karosserie mit ihren aktiven Klappen im Unterboden und am Diffusor sowie dem ausfahrbaren Spoiler am Heck sorgt für enorme Stabilität. Jede Information über die Haftungsgrenze an Vorder- und Hinterachse gelangt ohne Verzögerung über die Hände und das Gesäß zum Fahrer. Selbst auf nasser Fahrbahn bleibt der LaFerrari sicher in der Spur. Plötzlichen Haftungsabriss gibt es nur, wenn es der Pilot bei deaktivierter Stabilitäts- und Traktionskontrolle bewusst übertreibt.

Mit heiserem Atem aus niedrigen Drehzahlen geht es wieder auf die Gerade. Jede Drehzahlregion intoniert eine andere Arie, wie sie nur italienische Tenöre aus voller Brust herausschmettern. 9000 Umdrehungen, 963 PS, schalten – jeder Gangwechsel ein Peitschenhieb im roten Bereich. Wir nehmen den leichten Knick kurz vor dem Anbremspunkt unter Volllast im fünften Gang. Die aktive Aerodynamik spielt mit. Das System presst den Kohlefaser-Supersportler, dessen lediglich 70 Kilogramm leichte Karosserie in den gleichen Autoklaven gebacken  wird wie die der aktuellen F1-Boliden, oberhalb von Tempo 200 mit bis zu 230 kg an der Hinterachse und 130 kg an der Vorderachse auf die Piste. Der Ferrari liegt wie das sprichwörtliche  Brett, saugt sich regelrecht auf der Piste fest. Der Schwerpunkt wurde gegenüber dem des Enzo um 35 mm abgesenkt. Die Struktur ist um fast 30 Prozent verwindungssteifer.

Unsere  Testfahrt  ist die einzige, die es mit dem LaFerrari geben wird. Alle 499 Stück, die Ferrari in Handarbeit fertigt, sind bereits verkauft – auch  unser Exemplar mit der Nummer eins auf dem Typenschild. Der  Preis: eine Million Euro plus Steuern. Wir fahren langsam zurück in die Box. Der LaFerrari schwenkt seine Türen nach oben, Wasserdampf steigt von den Pirelli-Reifen auf. Im Heck unter der Glasscheibe ruht der V12 unter seinem voluminösen Karbonansaugtrakt. Lediglich die orangefarbenen Kabel erinnern daran, dass der LaFerrari ein Hybrid ist. So kann die Zukunft gern aussehen: eine perfekte Kombination aus zwei Welten ästhetisch verpackt.

TECHNIK
 

FERRARI LaFerrari
Motor V12-Zylinder, 4-Ventiler
Hubraum 6262 cm3
Leistung 588 kW / 800 PS bei 9000 /min
E-Motor 120 kW / 163 PS
Max. Drehmoment 700 Nm bei 6750 /min
System-Drehmoment 900 Nm
System-Leistung 963 PS
Getriebe 7-Gang, Doppelkupplung
Antrieb Hinterrad
Fahrwerk v.: Doppelquerlenker, Federn, adapt. Dämpfer, Stabi.; h.: Längs- und Querlenker, Federn, adapt. Dämpfer, Stabi.; ESC
Reifen v.: 265/30 R 19;
h.: 345/30 R 20
L/B/H 4702/1992/1116 mm
Radstand 2650 mm
Leergewicht ca. 1400 kg
Fahrleistungen1 0-100 km/h in unter 3,0 s
Höchstgeschwindigkeit1 über 350 km/h
EU-Verbrauch1 14,1 l SP/100 km
CO2-Ausstoß1 330 g/km
Grundpreis 1.190.000 Euro
¹ Werksangaben
Unser Fazit

Der LaFerrari ist schlicht der beste Supersportwagen, der die Hallen in Modena je verlassen hat: atemberaubend schnell, doch dabei beeindruckend einfach zu fahren. Wenn nur der Preis nicht wäre.

Michael Godde

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